Strafrecht / Staatsgefährdung
Nicht jede Gewalthandlung gegen Leib oder Leben von Personen, die auf Seite eines Staates in einem bewaffneten Konflikt kämpfen, erfüllt per se ohne Berücksichtigung der sonstigen Umstände die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB. Insbesondere dann, wenn es bei in den Blick genommenen Handlungen allein darum geht, Gefahren für Leib und Leben zu begegnen, liegt die Bejahung der Voraussetzungen des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig fern, selbst wenn die Handlungen mittelbar gegen die staatliche Ordnung gerichtet sind. Ob der Betreffende bei solchen defensiven Handlungen unter den Voraussetzungen eines formalen Rechtfertigungsgrundes, handelt, ist ebenso wenig entscheidend wie die völkerrechtliche Bewertung der Handlungen der Beteiligten.
Die ratio legis des § 89a StGB zielt auf die Verfolgung des sog. terroristischen Einzeltäters und nicht auf Fälle, in denen eine Person, die sich in dem Gebiet eines im außereuropäischen Ausland stattfindenden bewaffneten Konflikts aufhält, ohne sich an diesem aktiv durch eigene Gewalthandlungen zu beteiligen, von einem Familienangehörigen in die Bedienung der der Familie zur Verfügung stehenden Waffen eingewiesen wird, um sich mit diesen bei einem Angriff einer der Konfliktparteien auf Leib und Leben gegen die konkret angreifenden Personen verteidigen zu können.
Mit Blick darauf, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut sämtliche ausländische Staaten - darunter etwa auch Diktaturen oder sonstige Unrechtsstaaten - von der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 mitumfasst werden, legen Sinn und Zweck der Norm sowie völkerrechtliche Grundsätze wie derjenige der Nichteinmischung eine zurückhaltende, die konkreten Umstände angemessen in den Blick nehmende Anwendung der Vorschrift auf ausländische Sachverhalte und dabei insbesondere solche nahe, die sich in einem bereits lange andauernden bewaffneten Konflikt ereignen, der sich auf dem Gebiet eines ausländischen Staates oder mehrerer ausländischer Staaten zuträgt und insgesamt wesentlich durch massive Gewalthandlungen der an dem Konflikt beteiligten zahlreichen Parteien geprägt wird.
§ 89a StGB würde bezüglich seiner materiellrechtlichen Voraussetzungen überdehnt bzw. entgrenzt, wollte man ihn in extensiver Weise auf die Vorbereitung jedweder die äußere oder innere Sicherheit eines beliebigen Staates dieser Welt gefährdenden Gewalttat anwenden.
Aus BGH HRRS 2015 Nr. 1112 zum Urteil des BGH vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15 -